Beschreibung:

400 Seiten; 21 cm; fadengeh. Orig.-Leinenband.

Bemerkung:

Gutes Ex.; gerinfügige Bleistift-Anstreichungen; Vorsatz mit Besitzer-Aufkleber. - Mit Zeittafel und Literatur-Auswahl. - " ... Aber selbst fliegen wollen? Den Pilotenschein erwerben? Zu den wenigen Auserwählten mit den noch so niedrigen Nummern gehören? Die Männer zuckten mit den Schultern. Melli Beese kämpfte weiter um das Fliegen. Nach dem Wright-Doppeldecker kam die Rumpler-Taube. Der Chefpilot und Fluglehrer der Rumplerwerke war Hellmuth Hirth. Es kam Melli Beese seltsam vor, dieses Fliegen in der Taube, anders, ganz anders als in der Wright-Maschine. Wie auf einem feinfühligen, nervösen Pferd war es dort gewesen, in der Taube saß man wie in einem schwerfälligen, aber sicheren Wagen. Mit einem groben Griff mußte man die Taube in die Kurve reißen. Aber sie flog sicher. Es ist am 13. September 1911, früh am Morgen. Noch geistern Nebelschwaden über den Platz. Alles ist ruhig. Die Schuppentore sind geschlossen, keine Maschine steht auf dem Feld, keine ist in der Luft. Da schlägt eine Schuppentür auf. Eine Rumpler-Taube wird herausgeschoben und zum Startplatz gerollt. Die Frau, die in den Sitz springt, die Windbrille aufsetzt und die Kappe festbindet, hat schon lange auf diesen Morgen gewartet. Es ist Melli Beese. Ein paar Worte gehen noch mit dem Monteur und mit den Sportzeugen hin und her. Dann rattert und gleitet die Taube empor. Melli Beese macht ihren Prüfungsflug, am 13. September, an ihrem Geburtstag. Die Männer, die unten stehen, zählen und messen mit den Augen die Schleifen und Achten, die Kurven und Strecken, die Melli droben fliegt. Sie spähen jeder Bewegung der Taube nach, als sie in den Gleitflug geht, als sie landet und ausrollt. Stunden später hält Melli Beese den deutschen Pilotenschein mit der Nummer 115 in der Hand. Die erste deutsche Pilotin neben 114 Männern. Schon Tage später weiß die "BZ am Mittag" zu berichten: ,,Was das kleine Fräulein auf ihrer Rumpler-Taube leistet, konnte manchem ihrer männlicher Berufskollegen zur Ehre gereichen. Sie stieg auf und blieb volle zwei Stunden neun Minuten in der Luft. Sie ist somit nur eine Minute hinter der besten Tagesleistung zurückgeblieben." ? Überall, vor allem aber in Berlin, packte die Lust am Fliegen die jungen Menschen. Die Alten konnten es einfach nicht begreifen. Wenn sie schon ihre Kraft austoben wollten, die Jungen, dann gab es den Turnverein. Es gab auch das Fußballspielen. Es gab das Radfahren. Am besten passe sie wohl in den Zirkus, diese Fliegerei, meinten die Alten. Zirkusleute waren immer schon ein leichtes, luftiges Völklein gewesen. Mochten sie Luftsprünge machen, mochten sie zwischen Himmel und Erde herumzappeln, mochten sie fliegen. Die Alten ließen die Spielkarten auf den Stammtisch knattern und lachten weiter. Die Jungen dachten anders. Es war auch ein Maler unter den jungen Männern. Die andern freuten sich darüber. Sie guckten ihm neugierig und nicht ohne Stolz über die Schultern, als er die weißgestrichene Tafel mit sauberen, schwarzen Antiqua-Buchstaben bemalte. "Deutscher Flugsport verein, Sitz Schulzendorf" las man, als die Tafel fertig war. Die jungen Männer nagelten die Tafel an die Tür eines Bretterschuppens, der auf einem Heidestück stand. Dahinter kam der Saum des Kiefernwaldes und nicht weit davon sah man die ersten Häuser von Schulzendorf und von Heiligensee, nördlich von Berlin. In den ersten Vorfrühlingstagen von 1910 war das, und noch ehe der herbe Wind, der über das Heidestück und durch die Kiefernwipfel stieß, frühlingshafter wurde, begannen die jungen Flugsportmänner in ihrem Schuppen zu rumoren. ? " (S. 157 / 158)