Beschreibung:

Auflage besorgt von Georg Wissowa ( Herausgeber des Monumentalwerkes Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft) .. XXXIII, 490 / VIII, 383 / VIII, 372 / VII, 336 S. Originalleinen.

Bemerkung:

Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT) / From the library of Prof. Wolfgang Haase, long-time editor of ANRW and the International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Schnitt leicht braunfleckig, ansonsten tadelloser Zustand - VORWORT -- Über Plan und Absicht seines Werkes hat sich Friedlaender in der Vorrede zur ersten Auflage mit Worten geäußert, die es verdienen, auch an dieser Stelle wiederholt zu werden, zumal der Verfasser selber sie auch vor den neuen Auflagen abzudrucken pflegte und damit zu erkennen gab, daß ihr Inhalt auch später noch seiner Meinung entsprach: -- »Die Zeit von August bis Constantin zerfällt in zwei ungleiche, grell miteinander kontrastierende Abschnitte, deren Grenze die Regierungszeit des letzten Antoninen Commodus bildet. Im zweiten Jahrhundert erreichte das Weltreich seinen höchsten Glanz, es erschien dem geblendeten Auge als ein in seiner Art vollkommener, wie für die Ewigkeit gegründeter staatlicher Organismus. Aber schon zu Anfang des dritten Jahrhunderts brachen überall die Anzeichen inneren tödlichen Siechtums mit entsetzlicher Gewalt hervor und verbreiteten sich mit so reißender Schnelligkeit, daß wohl bald kein Einsichtiger sich mehr über die beginnende Auflösung des riesigen Körpers täuschen konnte. -- Auch der geistige Verfall, wie er sich in der Literatur und Kunst des dritten Jahrhunderts offenbart, trat verhältnismäßig jäh und plötzlich ein. Daher rührt es hauptsächlich, daß die Quellen für die Kenntnis der damaligen Zustände, die bis auf Hadrian reichlich, dann spärlicher fließen, mit dem Ausgange der Antonine fast ganz versiegen, so daß unsere Anschauungen des dritten Jahrhunderts dürftig, lückenhaft und unzusammenhängend bleiben: und zwar gilt dies in noch weit höherem Grade von der Sittengeschichte als von der politischen. Dagegen ist in der Literatur und den Denkmälern der beiden ersten Jahrhunderte eine unermeßliche Fülle von Tatsachen und Reflexionen, von Andeutungen und Schilderungen aller Art zerstreut: und so sehr die Massenhaftigkeit und Zersplitterung dieses Materials seine Bewältigung erschwert, so liegt doch auch gerade darin ein unwiderstehlicher Reiz, die fast unzähligen Einzelheiten zu umfassenden Gesamtanschauungen zu vereinigen. -- Das Unternehmen, die Kultur eines Zeitraums von zwei Jahrhunderten als ein Ganzes zu betrachten und darzustellen, kann dem bedenklich, ja unausführbar erscheinen, der an die Betrachtung neuerer Zeiten gewöhnt ist, wo Veränderungen, ja Umwälzungen schnell und häufig eintreten und zuweilen zwei aufeinander folgende Menschenalter sich völlig unähnlich sind. Doch im Altertum war die Stabilität der Kultur ungleich größer und ihre Entwicklungen langsamer, schon deshalb, weil die umgestaltenden Entdeckungen und Erfindungen der neueren Zeiten so gut wie ganz fehlten. Sodann sind auch noch heute die südlichen Länder, wo das Menschenleben mehr an die Natur gebunden ist als im Norden, in Gebräuchen, Sitten und Einrichtungen viel stabiler als die nördlichen: wie sich ja dort in Gegenden, die von der modernen Kultur nur oberflächlich berührt sind, so überraschend viel aus dem Altertum bis auf unsere Tage erhalten hat. Endlich läßt die unvollkommene Überlieferung die feineren Unterschiede der Zeitalter in jenen Jahrhunderten nur unvollkommen erkennen. In fernen Zeiten wie in fernen Gegenden fließen für die Betrachtung Formen und Umrisse ineinander und rückt das Getrennte näher zusammen. Doch muß uns diese unvollkommene Kenntnis so lange genügen, als wir außerstande sind, eine vollkommenere zu erlangen. -- Hiermit soll weiter nichts behauptet werden, als daß die innerhalb dieses Zeitraums nachweisbaren Unterschiede nicht erheblich genug sind, um Gesamtdarstellungen der damaligen Zustände auszuschließen; daß vielmehr die Kultur dieser Periode, im großen und ganzen betrachtet und mit der der folgenden sowie der vorausgehenden Zeiten verglichen, einen einheitlichen Charakter trägt. Aber freilich ist diese Auffassung nur dann berechtigt, wenn die Erkenntnis der verschiedenen Phasen der damaligen Kultur nicht dadurch beeinträchtigt wird. Auch diese Periode zerfällt in vielen Beziehungen in zwei deutlich gesonderte Abschnitte; die Regierung Hadrians bildet hier die Grenze. Doch auch hiervon abgesehen, lassen sich Veränderungen in Sitten, Einrichtungen und Ansichten innerhalb dieser beiden Jahrhunderte vielfach nachweisen. Gerade hierauf ist mein Bestreben ganz vorzugsweise gerichtet gewesen, den Gang der Entwicklungen innerhalb der gesteckten Grenzen zu verfolgen, ihre Stadien auseinanderzuhalten, überhaupt alle erkennbaren Verschiedenheiten der einzelnen Abschnitte dieses Zeitraums zu beobachten und hervorzuheben; und ich habe dies vielfach im Gegensatz zu früheren Untersuchungen getan, in denen die unveränderte Fortdauer derselben Zustände irrtümlich vorausgesetzt worden war. Nur ausnahmsweise und mit großer Vorsicht habe ich aus Angaben und Äußerungen der Schriftsteller Schlüsse auf frühere oder spätere Zeiten gezogen, als in denen sie gemacht sind. Dagegen habe ich freilich auch in einzelnen Fällen kein Bedenken getragen, Angaben aus der letzten Zeit der Republik und dem dritten und vierten Jahrhundert für die Darstellung zu verwenden. Angaben, die sich auf Italien oder die Provinzen beziehen, habe ich bei der Behandlung von Zuständen der StadtRom äußerst selten und nur da benutzt, wo es mit voller Sicherheit geschehen zu können schien. -- In die Darstellung selbst habe ich, soviel irgend möglich, nur tatsächlich Feststehendes oder zur Evidenz Erwiesenes aufgenommen und bei allem auf Vermutung und Kombination Beruhenden den sich nach meiner Ansicht ergebenden Grad der Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit genau bezeichnet. Es ist dies nicht zum Vorteil der Darstellung geschehen, deren ohnehin dürftiges Material so hier und da noch verkürzt worden ist; aber wenn es ein Fehler war, schien es mir ein Fehler nach der rechten Seite hin zu sein. Sodann habe ich, um die Gefahr subjektiver Auffassung so viel wie möglich zu vermeiden, wo es irgend geschehen konnte, Äußerungen von Zeitgenossen oder doch von Personen, die jener Zeit nicht fern standen, benutzt; auch so erfahren wir freilich oft nicht, wie die Dinge waren, sondern wie sie jenen erschienen, doch ist dies in vielen Fällen alles, was wir wissen können. Inwiefern diese Äußerungen subjektiv, befangen und einseitig sind, wird sich auch da, wo ich nicht ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht habe, leicht ergeben. -- Von dem größeren oder geringeren Reichtum des Materials hängt es ganz vorzüglich ab, nicht bloß, ob die Darstellung knapper oder reichlicher gehalten werden, sondern auch, ob sie vollständiger oder lückenhafter ausfallen, ob sie engere oder weitere Gebiete umfassen konnte. Wenn daher verschiedne Abschnitte oder Teile eines und desselben Abschnitts sehr ungleich erscheinen, so ist dies fast überall durch die verschiedne Beschaffenheit des Materials bedingt, auf dem sie beruhen. Freilich habe ich ohne Zweifel auch gar manches übersehen oder nicht gehörig verwertet. Bei der Masse von zerstreuten und winzigen Notizen, die hier zu benutzen waren, ist dergleichen auch bei vieljähriger Beschäftigung mit den Gegenständen und immer wiederholtem Lesen derselben Schriftsteller kaum zu vermeiden. Dazu kommt der in Königsberg so oft beklagte Mangel an literarischen Hilfsmitteln und monumentalen Sammlungen, der bei diesen Untersuchungen doppelt und dreifach empfindlich war; durch Benutzung einiger reicheren Bibliotheken habe ich ihm nur in sehr unvollkommener Weise abhelfen können.« -- Daß Friedlaenders Absicht, lebendige Anschauung von den bestimmenden Faktoren im geistigen, sittlichen und gesellschaftlichen Leben einer bedeutsamen Geschichtsepoche nicht nur den Fachleuten, sondern auch weiteren Kreisen der kulturgeschichtlich interessierten Öffentlichkeit zu übermitteln, von ihm in vollem Umfange erreicht worden ist, kann nach dem außergewöhnlichen Erfolge seines Werkes nicht in Zweifel gezogen werden. Er verdankt diesen Erfolg neben der umfassenden Beherrschung des Stoffes und gesundem Urteile vor allem seiner ausgesprochenen Begabung zu einer bei aller wissenschaftlichen Gründlichkeit anziehenden und fesselnden Darstellung, welche es versteht, durch eine sachkundige und taktvolle Auswahl des Mitzuteilenden und wohlüberlegte Hervorhebung der wesentlichen Linien des Gesamtbildes der unendlichen Fülle der Einzelheiten das Ermüdende zu nehmen und durch maßvoll herangezogene Parallelen aus anderen Zeiten, namentlich aus der Gegenwart, abgerundete Vorstellungen zu erwecken: daß wir an Büchern dieser Art auf dem Gebiete der Altertumswissenschaft nicht gerade Überfluß haben, ist bekannt. -- Friedlaenders Werk hat somit nicht nur die Bedeutung eines vortrefflichen Handbuchs, dessen Wert in erster Linie auf dem Stofflichen beruht, sondern darf darüber hinaus einen selbständigen schriftstellerischen Wert beanspruchen, der ihm neben den Werken eines Mommsen, Burckhardt, Hehn u. a. einen Platz in der neueren deutschen Literaturgeschichte sichert. Dadurch wird aber dem Herausgeber einer Neubearbeitung, deren Notwendigkeit sich durch die auch nach dem Tode des Verfassers unvermindert fortdauernde Nachfrage der Öffentlichkeit sehr bald herausstellte, ein hohes Maß von Zurückhaltung auferlegt. Als der Herr Verleger kurz vor dem Ausbruche des Weltkrieges an mich mit dem Ersuchen herantrat, diese Neubearbeitung zu übernehmen, bin ich diesem Rufe um so lieber gefolgt, als ich dadurch einer Pflicht der Dankbarkeit Genüge leisten konnte.