Beschreibung:

VII, 192 S. Originalleinen.

Bemerkung:

Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Bleistiftanmerkung auf Vorsatzblatt, leichte Anschmutzung auf Fußschnitt, sonst sehr gut und sauber. - Inhalt: Einführung: Ziele und Ergebnisse -- 1. Rhetorik als Vermittler der Humanitas -- 2. Rhetorik im spätrömischen Kanzleistil -- 3. Virtus und humanitas -- 4. Die Selbsttitulatur -- 5. Der Vorbildkult -- 6. Adiectiva auf -bilis in Strafvorschriften. - Einführung: Durch die im Titel dieser Schrift angedeutete Beziehung von Rhetorik und Humanität auf spätrömische Kaisergesetze soll der Einfluß zweier geistesgeschichtlicher Erscheinungen, von denen die erste in der Geschichte der klassischen Sprachen, die zweite in der Ethik der Antike verwurzelt ist, auf die Form und moralische Ausrichtung der spätrömischen Gesetzgebung als Gegenstand unserer Untersuchung gekennzeichnet werden. Zugleich sind damit Richtung und Grenzen unserer Arbeit abgesteckt: Rhetorik als formale Stilkategorie und Humanität als sittliche Forderung haben mit juristisch-dogmatischen Fragen nichts zu tun. Um so mehr geben sie als vordem unbekannte Elemente juristisch-administrativer Vorschriften Veranlassung zu der Frage, wie es dazu kam, daß sie zu Elementen der Erlasse der spätrömischen Kaiser wurden und welche Wirkung man sich von ihnen erwartete. Zwei Ideologien dürften für diese Entwicklung bestimmend gewesen sein: Einmal die mit dem vierten Jahrhundert einsetzende moralischintellektuelle Restauration, insbesondere die vorherrschend stoische Philosophie. Die Vermutung liegt nahe, daß die mit den bestgeschulten Kräften besetzte kaiserliche Kanzlei sich bei der Fassung der Erlasse dem Einfluß der von der Restauration ausgehenden geistig-moralischen Forderungen nicht entziehen konnte. Dies führte zur Betonung des sittlichen Verantwortungsbewußtseins des Herrschers für das Wohl seiner Völker. Den prägnantesten Ausdruck fand dieses Bewußtsein in dem immer erneuten Hinweis auf die den Herrscher bei seinen Erlassen leitende humanitas. Als Wirkung derselben auf die noch unter den Nachwirkungen der Anarchie des dritten Jahrhunderts stehende Bevölkerung des Reichs konnte eine stärkere Verpflichtung zur Untertanentreue erwartet werden: quanto plus fuerit humanitatis inpensum, tanto pronius amor devotionis incumbit, reflektiert Valentinian III. im Pro-ömium der Novelle XXVII ?449. Haec est enim natura mentis huma-nae, ut quod amittit ex commodo conpenset in gratia et animos prae-stitis largioribus interiore quodam vinculo caritatis obstringat (4/6). (?Der Menschen Sinnesart entspricht es?, so wird die vorangestellte Beziehung der dem Untertanen zuteil werdenden humanitas zu seiner Gesinnungstreue unterbaut, ?daß sie dankbar vergelten, was ihnen an Gutem gewährt wird; auch empfinden die Menschen eine um so stärkere Zuneigung, je größer die Rücksicht war, die man ihnen zuteil werden ließ.?) Als zweite Wurzel der den Herrscher leitenden humanitas dürfte das Dogma seines Erwähltseins durch Gott angesehen werden. Wer durch Gottes Gnade zum Herrschen berufen ist, verkörpert die besten Fähigkeiten und höchsten Tugenden, die Gott von den Menschen erwartet. Daher ist die humanitas ein selbstverständliches Attribut des christlichen Kaisers; daher kann er sich auf alle von der humanitas umfaßten Fähigkeiten und Eigenschaften als Leitmotive seiner Erlasse berufen, ja sogar sich mit ihnen identifizieren, indem er sie als Selbst-titulaturen benutzt. Pietas mea, tranquillitas mea, liberalitas mea u. a., womit die Kaiser sich vielfach als Urheber ihrer Gesetze kenntlich machen, wären leere Selbstverherrlichungen, würde ihnen nicht ein tieferer Sinn zugrunde liegen. Er ist der Lehre vom Gottesgnadentum zu entnehmen.