Beschreibung:

S. 253-276. Sonderdruck, Klebebindung in Kartoneinband.

Bemerkung:

Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Mit Widmung des Autors. - Name des Autors handschriftl. auf dem Einband, Einband etwas vom Textblock gelöst, sonst gut und sauber. - Aus dem Text: Bekannt ist Ciceros Urteil über Caesars commentarii, deren Mangel an rhetorischem Schmuck (ornatus orationis) als anerkennenswert hervorgehoben wird (Brut. 262), und zwar mit der Begründung, daß ?es in der Geschichtsschreibung nichts Lieblicheres gebe als reine und lichtvolle Kürze (pura et inlustris brevitas)?. Der Redner hatte selbst einen commentarius consulatus sui Graece compositus (Att. 1, 19, 10) verfaßt, dabei jedoch ?die ganze Palette des Isokrates und alle Farbkästen seiner Schüler verbraucht, auch ein wenig aristotelische Schminke aufgelegt? (Att. 2,1,1). Er äußerte sich gegenüber Atticus dahingehend, daß ihm dieses [...] von Poseidonios, der es zugestellt bekommen hatte, ut ornatius de tisdem rebus scriberet, mit dem Bemerken zurückgesandt wurde, dadurch nicht zum Schreiben angeregt, eher davon abgeschreckt worden zu sein. Wie nach Ciceros Meinung Caesar mit seinem schlichten und klaren Stil die Historiker davon abhielt, seine commentarti als Materialsammlung zu gebrauchen, so hinderte Ciceros rhetorisch kunstvolle Diktion den griechischen Rhetor und Philosophen, dessen commentarius als zu bearbeitenden Rohstoff anzusehen. In beiden Fällen bewirkte demnach die stilistische Durchformung den Übergang von der Materialsammlung zum literarischen Genos. Bei Cicero handelte es sich allerdings, wie aus Att. 1,19,10 ersichtlich, um Memoiren autobiographischen Charakters, so daß die damit implizierte unterschiedliche Zielsetzung es verbietet, aus der Gegenüberstellung von Ciceros Urteil über Caesars commentarti und seiner eigenen Gestaltung eines commentarius etwa den Schluß zu ziehen, die historiographische Praxis des römischen Rhetors widerspreche seiner Theorie. Anders liegen die Dinge jedoch, wenn man die Kriterien, unter denen Cicero in ,De oratore? und ,De legibus? die römische Geschichtsschreibung kritisch durchmustert, mit dem erwähnten Urteil über Caesars commentarli vergleicht: Steht hier die Schmucklosigkeit als kennzeichnend für die Historiographie der rhetorischen Ausgestaltung der Memoiren gegenüber, so wird dort der römischen Geschichtsschreibung vorgeworfen, nur die brevitas zu kennen, der ornamenta aber zu ermangeln (de or. 2,53). Nach der Meinung des Redners Antonius hängt dies damit zusammen, daß man in Rom der Beredsamkeit nur deswegen obliegt, um sich als Politiker und Patron betätigen zu können, während sie in Griechenland die Grundlage für jede geistige Arbeit, mithin auch für die Historiographie darstellt (de or. 2,51-55). Das in diesem Zusammenhang von Antonius ausgesprochene Urteil - historia munus est oratoris (de or. 2, 62) - scheint ferner auch Atticus im Auge zu haben, wenn er in ,De legibus? behauptet, Cicero sei besonders geeignet, ein Geschichtswerk zu schreiben, quippe cum sit opus, ut tibi quidem videri solet, unum hoc Oratorium maxime (de leg. 1,5).